Das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) führte eine repräsentative Online-Umfrage zur elektronischen Patientenakte (ePA) durch.
Das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk befragte 3453 Patienten von Juli 2019 bis Februar 2020 nach ihrer Meinung zur elektronischen Patientenakte.
Blindflug in die digitale Gesundheitswelt
Die vom Bonner Hochschuldozenten Dr. Uwe Kleinemas ausgewertete Umfrage ermittelte, dass 44,4 Prozent der Befragten „gar nicht“ informiert sind über die ePA und rund 27,6 Prozent „nur etwas“ hierüber wissen. „Mittelmäßig informiert“ fühlten sich 15,6 Prozent der Befragten, während 8,7 Prozent sich „gut“ und 3,8 Prozent „sehr gut“ informiert fühlten. Damit sind fast zwei Drittel der Patienten nicht im Bilde über die Auswirkungen der digitalen Initiative von Gesundheitsminister Jens Spahn.
Rund 90 Prozent gegen zentrale Speicherung von Patientendaten – dezentrale Lösung auf Speicherchip bevorzugt
Fast 90 Prozent der Befragten (89,2 %) werten den Datenschutz höher ein als die Ersparnis von Papier. Folgerichtig lehnt auch die deutliche Mehrheit (86,2 %) die Speicherung von Patientendaten auf zentralen Servern ab. 61,2 Prozent der Befragten befürworten die Speicherung der elektronischen Patientenakte nur auf einem Chip. Verglichen mit der Speicherung auf einem zentralen Server findet diese Variante eine signifikant höhere Zustimmung.
Patienten lehnen die Nutzung der elektronischen Patientenakte ab
Die befragten Patienten signalisieren deutliches Unbehagen beim Einsatz der ePA in der Praxis. 88,2 Prozent der Teilnehmer sprachen sich gegen die Verwendung der elektronischen Patientenakte aus, wenn sich die betroffenen Personen aktuell in einer Psychotherapie befinden oder potentiell in naher Zukunft eine starten. Lediglich 11,8 Prozent stimmten dafür.
Darüber hinaus lehnten Teilnehmer die Nutzung der ePA in weiteren Bereichen ab, die stigmatisierend bzw. diskriminierend wirken könnten. In den diesbezüglichen Freitextfeldern fanden sich beispielsweise die Themen: Schwangerschaftsabbrüche, Kinderwunschbehandlungen, Infektionserkrankungen, insbesondere HIV, genetisch bedingte Erkrankungen/Defekte, Suchterkrankungen, Geschlechtskrankheiten, chronische Erkrankungen und Angaben zur sexuellen Orientierung.
Demographie der Teilnehmer
An der Befragung nahmen zwei Drittel Frauen (67,7 %%) und ein Drittel Männer (32,3%) teil. Hinsichtlich der Altersgruppen der Stichprobe zeigt sich eine annähernde Normalverteilung, wobei Personen zwischen 40 und 60 Jahren mehr als die Hälfte der Befragten ausmachen (40-50-Jährige: 20,7 %, 50-60-Jährige: 32,4 %).
Technische Ausstattung
Die meisten befragten Patienten verfügen über eine gute Ausstattung mit elektronischen Geräten und nutzen diese im Alltag. 27,8 Prozent nutzen ein Smartphone, Tablet und PC/Laptop. 26,5 Prozent besitzen kein Tablet, aber alle andere digitalen Geräte. Demgegenüber nutzt eine Minderheit von 16,7 Prozent keine elektronischen Hilfsmittel.
Über Risiken und Nebenwirkungen der ePA aufklären
Angesichts der erschreckenden Unwissenheit von Patienten fordert das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk, dass der deutsche Gesetzgeber die Bürger umfassend über die elektronische Patientenakte aufklären muss. Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler meint dazu: „Es kann nicht sein, dass Jens Spahn durch die Hintertür Fakten schafft ohne alle Risiken und Nebenwirkungen zu zeigen. Das fliegt ihm später wieder um die Ohren! Wenn Patienten feststellen, dass der Betriebsarzt Zugriff auf die eigenen sensiblen Gesundheitsdaten haben kann, wird der Aufschrei groß sein!“
Die Umfrage zeige zudem, so Dieter Adler weiter, dass die dezentrale Speicherung auf einem Medium in Patienten Hand, klar bevorzugt werde. Adler rät: „Nutzen sie das bereits existierende „KV safenet“ der Krankenversicherungen zur Kommunikation unter den Ärzten. Hier werden keine Daten zentral gespeichert und das System hat sich bewährt.“
Über den Verband
Das „Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk – Kollegennetzwerk Psychotherapie“ (DPNW) wurde am 02.05.2019 in Bonn gegründet. Es hat rund 1.400 Mitglieder und 12.000 Abonnenten seines Freitags-Newsletters. Damit ist der DPNW drittgrößter Berufsverband im Bereich Psychotherapie. Der Vorstand besteht aus: 1. Vorsitzender: Dipl.-Psych. Dieter Adler, 2. Vorsitzende: Dipl.-Psych. Claudia Reimer, Kassenwart: Dipl.-Psych. Robert Warzecha. Mehr unter: www.dpnw.info