Diplom-Betriebswirt Uwe Rolef ist Experte, wenn es darum geht, sich fit zu machen für die Kassen-Nachschau. Er ist Steuerberater und Partner bei VRT Linzbach, Löcherbach & Partner aus Bonn. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen unter anderem: Steuererklärungen / Jahresabschlüsse und die Finanzbuchhaltung. In der IHK-Veranstaltung „Zertifizierte Kassensysteme ab dem 01.01.2020 – Kassennachschau“ am 23. Januar 2020 erläutert er zusammen mit dem Leiter EDV bei VRT Dirk Strunk, wie sich Betriebe rechtlich und technisch am besten vorbereiten. „Die Wirtschaft“ sprach mit Uwe Rolef über die Schwierigkeiten bei der Kassen-Nachschau und wie man diese vermeiden kann.
Bereits seit knapp zwei Jahren dürfen Betriebsprüfer des Finanzamtes ohne Vorankündigung in den Betrieb kommen und die Kassenführung überprüfen. Warum ist das Thema gerade jetzt zum Jahreswechsel 2019/2020 wieder relevant?
Zum 1. Januar 2020 sind drei neue Vorschriften zu beachten. Erstens: Ab dem 1. Januar 2020 müssen Gewerbetreibende die im Betrieb verwendeten Kassen bei der Finanzverwaltung anmelden. Bei Neuanschaffung oder Außerbetriebnahme eines Kassensystems, muss innerhalb von vier Wochen eine entsprechende Meldung an das Finanzamt erfolgen. Die Anmeldefrist für bereits bestehende Kassensysteme sollte ursprünglich bis zum 31. Januar 2020 laufen. Nun hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 6. November 2019 mitgeteilt, dass die Anmeldung nicht zu erfolgen braucht, bevor eine elektronische Übermittlungsmöglichkeit der Anmeldungen besteht. Dieser Zeitpunkt wird im Bundessteuerblatt noch bekannt gegeben.
Was ist die zweite Neuerung, die zum Jahreswechsel 2019/2020 in Kraft tritt?
Alle eingesetzten Kassensysteme müssen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung – kurz TSE – versehen sein. Diese Zertifizierungen werden durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgenommen. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass die Zertifizierungen noch auf sich warten lassen und sicherlich nicht flächendeckend rechtzeitig bis zum Jahresende erfolgen werden. Nach unseren Informationen mit Stand Anfang November 2019 laufen zwar derzeit einige Zertifizierungsverfahren beim BSI, Zertifikate wurden jedoch noch nicht erteilt. Somit gibt es aktuell keine elektronischen Aufzeichnungssysteme, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Glücklicherweise räumt der Gesetzgeber im BMF-Schreiben vom 6. November 2019 eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2020 ein. Bis zu diesem Datum soll nicht beanstandet werden, wenn elektronische Aufzeichnungssysteme noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Ob diese Frist ausreicht, wird sich zeigen.
Welche dritte Neuerung erwartet uns am Neujahrstag 2020?
Hier geht es um die Belegausgabepflicht. Sie schreibt vor, dass bei jedem Geschäftsvorfall (z. B. Verkauf) ein Beleg erzeugt werden muss. Also kein Umsatz ohne Beleg. Der Beleg muss dann dem Kunden in Papierform oder elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Es besteht allerdings keine Pflicht zur Mitnahme des Belegs durch den Kunden. Nicht mitgenommene Belege müssen auch nicht vom Unternehmer aufbewahrt werden. Es ist zu erwarten, dass Überprüfungen im Wege anonymer Testkäufe durch die Betriebsprüfer erfolgen werden. Bei der Feststellung von Auffälligkeiten ist dann mit weiteren Prüfungshandlungen wie einer Kassen-Nachschau zu rechnen.
Das hört sich alles ziemlich aufwendig an – besonders was die Ausrüstung der Kassen mit der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung anbetrifft. Was würden Sie den Unternehmerinnen und Unternehmern empfehlen, um für die Kassen-Nachschau gut gerüstet zu sein?
Mein Credo lautet: Machen Sie sich schlau, nehmen Sie das Thema ernst, bereiten Sie sich vor und seien Sie jederzeit kassensturzfähig! Sie müssen die Kasse täglich führen und einen Kassensturz durchführen. Das vorhandene Bargeld wird dabei ausgezählt und mit dem Sollbestand der Kasse abgeglichen. Das ist schon deshalb im Interesse des Unternehmers, weil so alle denkbaren Unregelmäßigkeiten, wie z. B. Diebstahl, Wechselfehler oder fehlende Registrierung von Entnahmen zeitnah noch am selben Tag festgestellt werden. Über das Ergebnis der Auszählung des Kassenbestandes sollte ein Zählprotokoll angefertigt und aufbewahrt werden. Die Anfertigung eines Zählprotokolls ist zwar nicht verpflichtend, erleichtert aber den Nachweis der täglichen Kassenführung im Falle von Prüfungshandlungen erheblich.
Welchen Tipp geben Sie den Unternehmerinnen und Unternehmern in punkto Kassensystem?
Tragen Sie dafür Sorge, dass Ihr Kassensystem den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wichtig ist, dass die derzeit eingesetzten Kassensysteme den Anforderungen von Anfang 2017 genügen. Diese Kassensysteme müssen alle Kassenbuchungen einzeln, vollständig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnen und unveränderbar abspeichern. Die Kassendaten müssen für die Dauer von 10 Jahren jederzeit lesbar gemacht werden können und den Prüfern des Finanzamtes in auslesbarer Form zur Verfügung gestellt werden können. Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitungen müssen vollständig vorliegen und alle Änderungen in der Programmierung protokolliert werden. So möchten die Finanzbehörden sicherstellen, dass keine nachträglichen Änderungen an den gespeicherten Daten vorgenommen werden können. Noch gibt es keine zertifizierten Technischen Sicherheitseinrichtungen, die das Zertifikat des BSI erhalten haben. Natürlich besitzt nicht jeder Unternehmer das technische Wissen, um abschätzen zu können, ob seine Kasse gesetzeskonform und grundsätzlich nachrüstbar ist. Einen Überblick über die derzeit laufenden Zertifizierungsverfahren erhalten Sie auf der Webseite des BSI.
Verschaffen Sie sich Informationen darüber, ob und wann eine zertifizierte Technische Sicherheits-einrichtung für Ihr Kassensystem vorliegt und tragen Sie unbedingt für eine unverzügliche Nachrüstung Ihres Kassensystems Sorge.
Gibt es noch einen Kniff für Betriebe mit kleiner Handkasse?
Betrieben, die eine Handkasse lediglich zur Bestreitung von kleineren Ausgaben führen, rate ich zur Abschaffung der Handkasse. Heutzutage lässt sich alles elektronisch machen. Jede Auslage, ob für Kaffee oder Porto, kann im Zweifel mit einer Firmenkreditkarte unbar geleistet werden. Ohne Barkasse gibt es keinen Grund für die Finanzämter zur Kassen-Nachschau.